GESCHICHTE

    Die Orthopädie befasst sich mit der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und Rehabilitation von Erkrankungen und Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates,
    der Knochen, Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder.

    Lange bevor der Begriff "Orthopädie" eingeführt wurde haben sich Heilkundige und interessierte Laien mit Erkrankungen und Veränderungen des Körpers beschäftig, die in späteren Zeiten zu den Kernbereichen der orthopädischen Forschung und Therapie wurden.

    Als Vorläufer der Orthopädie sind über Jahrtausende die konservativen und chirurgischen Interventionen bei Schädelverletzungen, Knochenbrüchen, Ausrenkungen, Fussdeformitäten, Wirbelsäulenverkrümmungen und Infektionen mit allfälligen Amputationen zu sehen.

    Paläopathologische Untersuchungen der ägyptischen Mumien des Zeitalters um 4000 v.Chr. zeigen bereits Anzeichen von verheilten Knochenbrüchen und klumpfußartigen Veränderungen. An peruanischen Schädeln (ca. 2000 v.Chr.) sind Trepanationslöcher als Folge möglicher frühzeitlicher chirurgischer Interventionen zu finden und auf gut erhaltenenden Tongegenständen finden sich Abbildungen chirurgischer Eingriffe.

    Das Edwin-Smith-Papyrus ist eine Sammlung medizinischer Texte, die im Alten Ägypten in der Zeit um 1600 v. Chr. aufgezeichnet wurde und eine wichtige historische Quelle für das Wissen und die medizinische Praxis dieser Zeit.
    Beschrieben werden unter anderem Verletzungen des Kopfes, Frakturen, Luxationen (Verrenkungen), Wunden und mehr. Es enthält detaillierte Anweisungen zur Untersuchung und zu chirurgische Techniken wie zum Beispiel das Nähen von Wunden, das Stabilisieren von Frakturen und das Behandeln von Kopfverletzungen.

    Der Codex Hammurapi ist ein historisches Gesetzeswerk aus dem alten Mesopotamien, das etwa im 18. Jahrhundert v. Chr. unter der Herrschaft von König Hammurabi verfasst wurde und enthält Bestimmungen, die verschiedene Aspekte des Lebens im alten Babylonien regeln. Obwohl der Codex Hammurapi hauptsächlich rechtliche und soziale Angelegenheiten behandelt, sind darin auch einige medizinische Aspekte und Gesetze enthalten, die die Praxis der Medizin und die Beziehung zwischen Ärzten und Patienten betreffen, insbesondere Haftung, Entlohnung und Patientenschutz.

    Konkreter werden die Fakten im antiken Griechenland, wo Hippokrates von Kos (460-370 v.Chr.) als einer der ersten Ärzte sich auch mit der Behandlung von Knochenbrüchen und Gelenkverletzungen beschäftigte.

    Während des "Islamischen goldenen Zeitalters" vom 8. bis 13.Jahrhundert war die persisch-arabischen Medizin ihrer Zeit weit voraus und ihre bedeutendsten Vertreter der Perser Avicenna (Abu Ali ibn Sina) und der Araber Abul Kasim (AL-Zahrawi) lieferten mit das Fundament der Medizin des westlichen Mittelalters.

    Die Kirche verdrängte die Chirurgie in dem Konzil von Tours 1163 aus den Händen der überwiegend geistlichen Ärzte mit dem Satz : Die Kirche vergießt kein Blut. Diese gelangte damit in die Bereiche der Bader, Barbiere, Hamdwerkschirugen und auch Quacksalber.

    Lediglich in Oberitalien mit Bologna und Südfrankreich mit Montpellier waren weiterhin Ärzte auch chirurgisch tätig und entwickelten hierfür eigene Schulen.

    Die zunehmende Trennung zwischen der akademisch, wissenschaftlich, theoretisch geprägten Inneren Medizin und der Wundarzneikunst führte zu einer fortschreitenden Spezialisierung und Ausbildung der Bader, Barbiere, Wundärzte, Bruch- und Steinschneider und Knochenflicker. Es entwickelte sich die Chirugie zu einem Lehrberuf der mit Gesellen- und Meisterausbildung handwerklich betrieben wurde.

    Berühmte Vertreter dieser Wundärzte waren Ambroise Paré im 16. Jahrhundert und im deutschsprachigen Bereich Doktor Eisenbarth im 18. Jahrhundert.

    Zu dieser Zeit wurde das Fundament für die wissenschaftliche Chirurgie im deutschen Sprachraum von Lorenz Heister begründet.

    Im 18. Jahrhundert entwickelte sich dann die Orthopädie in Europa zu einer eigenständigen Disziplin.

    Der französische Chirurg Nicolas Andry de Boisregard (1658-1742) prägte den Begriff "Orthopädie" erstmals im Jahr 1741 in seinem Buch "L'orthopédie, ou l'art de prévenir et de corriger dans les enfants les difformités du corps" (Orthopädie oder die Kunst, bei Kindern Körperdeformitäten zu verhindern und zu korrigieren). Das Wort "Orthopädie" stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Wörtern "ortho" für "gerade" und "pais" für "Kind" zusammen. Andry war einer der ersten Ärzte, die sich systematisch mit der Vorbeugung und Behandlung von Haltungsschwächen, Wirbelsäulenverkrümmungen und Gelenkfehlstellungen beschäftigten.

    1816 wurde durch Johann Georg Heine, einem Messerschmied und Orthopädietechniker in Würzburg im ehemaligen Stefanskloster die erste orthopädische Heilanstalt im deutschen Sprachraum eröffnet. Damit wurde Würzburg mit dem Carolinen-Institut zur Wiege der deutschen Orthopädie.